whk0502/12. 6. 2002
Auf den führenden grünen Abgeordneten zugeschnitten
Geldwäsche zwecks politischer Korruption, Teil 2: Anonymer Schriftwechsel dokumentiert den Verteilungskampf unter den politischen Erbschleichern der Rosa-Winkel-Häftlinge
Ursprünglich sollte am 14. Juni vom Bundestag der Gesetzentwurf der Koalition zur Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung verabschiedet werden. Überraschend verschob der Rechtsausschuß heute die zweite und dritte Lesung und setzte eine nochmalige Anhörung für den 24. Juni an, bei der die Zusammensetzung des Stiftungskuratoriums nochmals diskutiert werden soll. Unmittelbar nach der letzten Presseerklärung der AG Schwulenpolitik des whk wurde der Zeitschrift "Gigi" zu genau diesem Thema ein anonymes Dokument zugespielt. Es handelt sich dabei offenkundig um Auszüge aus einem Briefwechsel zwischen einem Kuratoriumsmitglied sowie einer Bundestagsfraktion. Die AG Schwulenpolitik des whk hält den Inhalt auch ohne konkrete Kenntnis von Absender und Adressat für so brisant und aufschlußreich, daß sie sich entschlossen hat, es hiermit zu veröffentlichen.
"Der jetzt von den Regierungsfraktionen verbreitete Entwurf eines Stiftungsgesetzes ist nicht (rpt: nicht) die Fassung, auf deren Grundlage ich [geschwärzt] unsere Zustimmung signalisiert hatte. Jetzt sind wieder alle Bestimmungen, insbesondere die Gremienzusammensetzung und die Aufgabenstellungen, auf den Heimatverband des führenden grünen Abgeordneten zugeschnitten. Für mich riecht das ziemlich schlecht nach Aufbau einer Ersatzstruktur für die durch problematischen Umgang mit Staatsknete (sehr höflich ausgedrückt) in NRW entstandenen Finanzprobleme seines Verbandes. So nicht!
Wir würden es überaus begrüßen, wenn es zu einer interfraktionellen, einstimmigen Beschlußfassung kommen könnte, wofür m. E. der jetzt verbreitete Entwurf keine gute Grundlage bieten würde. Ich habe informell gehört, daß morgen (Donnerstag) noch mal zwischen allen Fraktionen über den Entwurf geredet werden soll. Wenn dabei der Entwurf aus dem Finanzministerium noch mal auf den Tisch kommt: da wären wir wesentlich glücklicher.
Es gibt keinen sachlichen Grund, warum die beiden Verbände LSVD und ILGA jeweils zwei, die anderen nur eine Stimme haben sollen. Es gab einen guten Grund (nämlich den, daß die Stiftung wegen ihrer geringen Ausstattung auch finanziell starke Partner einbinden sollte), warum die schwulen Manager/Unternehmer (Völklinger Kreis) einbezogen werden sollten (man muß die ja nicht mögen, aber es würde gelegentlich Patenschaften für Projekte sicher erleichtern). Wenn schon Doppelstimmrechte, dann nicht so ne windelweiche Quote für die beiden Verbände, sondern zwei Stimmen für den Lesbenring, einfach aus Prinzip. Nach der jetzt vorgeschlagenen Regelung haben die Historikerlnnen zwei von 16 Stimmen im Kuratorium. Das kann man dann vergessen, wenn jetzt so deutlich doch wieder die internationale (Menschenrechts)Arbeit drinsteht (die war mal rausgestrichen), dann sehe ich keinen Grund mehr, warum nicht die französische Organisation Mémorial de la Déportation Homosexuelle einen Sitz haben sollte statt der ILGA: Das sind die Leute, die sich um das Andenken der Verfolgten kümmern, ebenso wäre die Vernetzung mit einer deutschen Gedenkstättenorganisation oder dem Aktiven Museum z.B. noch mal diskutabel.
Am schlimmsten finde ich aber die Konzentration der Aufgabenstellung auf Bürger- und Menschenrechtsprojekte mit ein paar historischen Beruhigungspillen, die sich im Text des Gesetzentwurfs nur auf die Naziverfolgung der Homosexuellen und ein paar Streicheleinheiten für Hirschfeld persönlich beziehen und nicht auf die Pflege des kulturellen Erbes der Lesben und Schwulen im allgemeinen und grundsätzlichen. Daß dann in den Motiven noch ein bißchen mehr steht, ist für die spätere Praxis der Stiftung irrelevant, hier muß eine Verstärkung der historischen Positionen rein."