whk0404/02.04.2004
Rote Karte für "Welt am Sonntag"
Presserat mißbilligt Artikel über schwulen SPD-Politiker Michael Engelmann als schwerwiegenden Verstoß gegen Pressekodex / whk-Beschwerde stattgegeben
Der Beschwerdeausschuß des Deutschen Presserats sprach auf seiner Sitzung am 10. März gegen die Zeitung "Welt am Sonntag" eine Mißbilligung wegen Verstoßes gegen Ziffer 13 des Pressekodex aus. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des whk:
In einem Artikel gleich zwei Mal massiv gegen den Pressekodex zu verstoßen, das schafft nach wie vor niemand besser als ein Blatt aus dem Hause Springer. Wegen unsauberer Berichterstattung über den offen schwulen Bremer SPD-Politiker Michael Engelmann hat der Deutsche Presserat der konservativen Welt am Sonntag (WamS) eine Mißbilligung nach §12 seiner Beschwerdeordnung ausgesprochen. Wie der Presserat dem whk heute schriftlich mitteilte, sei die Entscheidung bereits am 10. März auf der Sitzung des Presserats-Beschwerdeausschusses gefallen. Damit gab das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle einer Eingabe des whk Recht, das den reißerischen WamS-Artikel vom 19. Oktober 2003 über den des mutmaßlichen Handels mit Kinderpornographie beschuldigten Politiker als vorverurteilend kritisiert hatte. In seiner Entscheidung bezeichnete der Presserat den Verstoß der WamS gegen den Pressekodex als "schwerwiegend".
Nach Überzeugung des Presserats verstoße schon die Dachzeile des WamS-Artikels "Ex-Chef der Schwusos hinterließ bei Handel mit Kinderpornographie Spuren" gegen das in Ziffer 13 des Pressekodex definierte Vorverurteilungsverbot. Die in dem Artikel getroffene Aussage impliziere, daß Engelmann tatsächlich mit Kinderpornographie gehandelt habe. Engelmann war jedoch zum Zeitpunkt der Berichterstattung weder angeklagt, noch der Vorwurf gerichtlich festgestellt. Deshalb sei die Darstellung vorverurteilend, so der Presserat.
Verstärkt werde die Vorverurteilung noch durch die auf einen anonymen "Kenner" gestützte Vermutung, mit einer Internetsuche nach Männern zwischen 16 und 30 Jahren habe Engelmann (strafwürdigen) Kontakt zu unter 16-Jährigen gesucht. "Durch diese Passage wird Engelmann quasi unterstellt, er suche sexuelle Beziehungen zu Minderjährigen. Auch dies ist jedoch nicht bewiesen", stellte der Presserat klar.
Ziffer 13 des Pressekodex verpflichtet die Medien zu einer vorurteilsfreien Berichterstattung insbesondere im Zusammenhang mit Strafverfahren. Wörtlich heißt es darin, die Presse habe "vor Beginn und während der Dauer eines solches Verfahrens in Darstellung und Überschrift jede präjudizierende Stellungnahme" zu vermeiden. Ein Verdächtiger dürfe vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldiger hingestellt werden. Genau dies hatte die WamS jedoch getan.
Das whk fordert die Welt am Sonntag auf, die gegen sie ausgesprochene Mißbilligung, wie vom Presserat empfohlen, umgehend "als Ausdruck fairer Berichterstattung" abzudrucken und sich bei der Berichterstattung zukünftig an journalistische Standards zu halten. Als blamabel und beschämend wertet das whk das Agieren der Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos). Anders als das whk hätten die Schwusos ihrem angesichts der unbewiesenen Vorwürfe zurückgetretenen Bundesvorsitzenden Michael Engelmann jegliches Zeichen öffentlicher Solidarität verweigert. Die Schwusos opferten die eigenen Leute offenbar lieber einem homophobem Mainstream, als von ihrem devoten Kurs des Stillhaltens und der Anpassung abzuweichen, so das whk.
Bereits einen Tag nach Erscheinen des WamS-Artikels hatte das whk am 20. Oktober 2003 in der Pressemitteilung "Welt am Sonntag brennt Kindersicherung durch" auf den skandalösen Verstoß gegen die journalistische Ethik aufmerksam gemacht und eine Beschwerde beim Presserat angekündigt. Die Mitteilung ist im Internet unter www.whk.de/whk1503.htm dokumentiert.
Rückfragen: 0162/6673642 (Dirk Ruder)