whk0507/25.06.2007
Zusatzzahl: 16 plus x
Berliner Antigewaltprojekt MANEO spielt wieder schwules Opfer- und Täterlotto
Wie das schwule Online-Portal Queer.de meldet, hat das vom Berliner Senat und der Deutschen Klassenlotterie geförderte Antigewaltprojekt MANEO auf seiner Homepage Ergebnisse einer im Dezember 2006 und Januar 2007 durchgeführten Online-Umfrage veröffentlicht. Hierzu erklärt die AG Schwulenpolitik des wissenschaftlich-humanitären komitees (whk):
Bereits auf der im Schöneberger Rathaus am 12. Mai mit internationaler Beteiligung abgehaltenen 2. MANEO-Werkstatt nutzte das schwule Antigewaltprojekt die Gelegenheit, mit den Ergebnissen der Online-Studie zur antischwulen Gewalt erneut Stimmung gegen Migranten zu machen. So warnte MANEO-Projektleiter Bastian Finke mal wieder vorm angeblich muslimischen Terror gegen Schwule in Berlin. Viele hätten bisher die Augen vor einer "bestimmten Tätergruppe" verschlossen. Zwar wolle sich niemand gemein machen mit der von "Unverbesserlichen" verbreiteten Parole, daß die Ausländer schuld seien. Jedoch: "Das liberale Nebeneinander hier die Schwulen, da die Migranten ist mittlerweile Geschichte." Lesben und Schwule müßten nunmehr selbst "das Problem in die Hand nehmen" und sie verdienten dafür "die Unterstützung aller Gutwilligen."
Interessanterweise findet sich in der nun veröffentlichten Studie keinerlei Beleg, der die von MANEO schon in der Vergangenheit immer wieder behauptete These stützt, nach der der Anteil nichtdeutscher Täter überdurchschnittlich hoch und demzufolge bei jungen Männern mit Migrationshintergrund ein besonders Maß an Homophobie vorherrschend sei, das Gewalt gegen Schwule qua Ethnie begünstige. Anstatt wenigsten eine entsprechende Tabelle oder Statistik zu liefern, hat nun offenbar als Studienergebnis in die Erhebung auf Seite 6 Eingang gefunden, was MANEO-Leiter Finke schon vor Veröffentlichung der Ergebnisse in einer Pressemitteilung am 12. Mai verlauten ließ: "In einem offenen Feld haben dann 16 Prozent als Täter Personen 'nichtdeutsche Herkunft' vermerkt ... Ohne, daß wir danach gefragt haben, haben uns 16 Prozent von Tätern nichtdeutscher Herkunft berichtet. Hätten wir nach dieser Tätergruppe gefragt, hätten wir noch mehr Nennungen gehabt."Mit solchen unwissenschaftlichen Behauptungen zum Anteil vermuteter (!) Täter mit mutmaßlichem (!) Migrationshintergrund betreibt MANEO eine Art schwules Opferlotto, bei dem der Entspannungstherapeut Finke als Lottofee jedes Jahr die gleichen Zusatzzahlen aus dem Hut zaubert: 16 plus x. Der politische Hintergrund für solche Aktionen ist klar: Seit Jahren liefert Finke, der im Vorstand des Berliner Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) sitzt, mit seinen Gewaltstatistiken die Begründung für seine weitere Senatsförderung.
Weiter schreibt Finke in der Studie: "Man muß in diesem Zusammenhang feststellen, daß nicht die Schwulen, die die Rückmeldung 'nichtdeutscher Täter' gegeben haben, das Problem sind oder diejenigen, die diese Studie initiiert haben. Sondern die Täter, die Schwule zu Opfern machen ... Lassen Sie mich deutlich sagen: Der Respekt vor der Würde des Menschen ist nicht verhandelbar. Wir wollen hier mit allen in Frieden leben, egal welcher Herkunft." Der Verweis auf die "Herkunft" macht den ausländerfeindlichen Kontext deutlich. Daß immerhin 7 Prozent der nach Angaben MANEO bundesweit 24.000 Befragten angaben, die Täter seien "rechtsradikalen Deutsche" gewesen und weitere 2 Prozent angeben, Opfer von "Fußballhooligans" geworden, ist MANEO nicht einmal einen Halbsatz wert wahrscheinlich, weil der Berliner LSVD kein Projekt zur Bekehrung von Nazis am laufen hat.
Das whk fordert MANEO erneut auf, seine ausländerfeindliche Panikmanche einzustellen. Die vom whk herausgegebene sexualpolitische Zeitschrift Gigi belegt in ihrer am kommenden Freitag erscheinenenden Ausgabe (Nr. 50) anhand von Zahlen aus den MANEO-Jahresreports der Jahre 2005 und 2006, daß die Anzahl der homophoben Attacken auf schwule Männer gerade im multikulurellen Berlin in den beiden vergangenen Jahren gleich geblieben und gemessen an der Gesamtszahl aller bei MANEO eingegangenen Fallmeldungen sogar leicht gesunken ist. Anstatt mit Verweis auf ominöse Dunkelziffern zu halluzinieren, die Zahl der antischwulen Übergriffe sei drei mal so hoch wie bisher angenommen wie im Zusammenhang mit der Online-Studie geschehen wäre es hilfreich, wenn MANEO gelegentlich in seine eigenen Erhebungen schauen würde.In einem zweiten Schritt könnte MANEO damit anfangen, sich mit der wachsenden Schar seiner Kritiker auseinanderzusetzen. Bereits am 18. März monierte der Journalist Norbert Blech in seinem Internetblog den "MANEO-Unsinn". In den Gewaltreports werde "alles zusammengewürfelt, was irgendwie zum Thema Gewalt paßt: einzelne Beleidigungen sind für MANEO & Co genausoviel Gewalt wie eine schwere Körperverletzung. Auch von Strichern begangene Delikte kommen vor, ebenso wie Gewalttaten gegen Schwule, die nichts mit deren sexueller Orientierung zu tun haben, etwa Raubüberfälle auf offener Straße ... Wie soll man mit diesem Statistik-Mischmasch ernsthaft etwas anfangen?"
Es könne, so Blech, doch nicht so schwer sein, einen Fragebogen zu entwickeln, "der differenzierte Rückschlüsse auf tatsächliche körperliche und homophobe Gewalttaten zuläßt". Erst dann ließe sich auch, "wenn überhaupt, über bestimmte Tätergruppen und über die Ursachen für deren Handeln ernsthaft unterhalten. Denn das ist das nervigste an all den Studien der letzten Jahre: wie pauschal jedem Ausländer unterstellt wird, ein potentieller, homophober Gewalttäter zu sein." F*cking Queers, das Blog für sexuelle Desintegration, spricht im Zusammenhang mit der Online-Befragung sogar von einer "Schwachsinnsstudie", die "so unseriös ist wie nichts".
Rückfragen: 0162-6673642 (Dirk Ruder)