Mitteilungen des whk September/Oktober 2005
Dont forget Hamburg!
An den Jahrestag des ersten Hamburger Gay Pride Dayvor 25 Jahren erinnerte das wissenschaftlich-humanitäre komitee (whk) am 27. Juni: Die Ereignisse um den ersten Hamburger Gay Pride Day am 28. Juni 1980 markieren einen wichtigen und unvergessenen Sieg der bundesdeutschen Schwulenbewegung gegen staatliche Repression. Zum ersten Mal wehrten sich mutige Lesben und Schwule tatkräftig gegen Polizeiwillkür und Bespitzelung und sorgten damit tagelang für bundesweite Schlagzeilen in den Massenmedien. Nach den Aktionen der Schwulenbewegung, die auf den Polizeieinsatz folgten, wagten es die Behörden jahrelang nicht mehr, an Schwulentreffpunkten regelmäßige Kontrollen und Razzien durchzuführen, wie sie seit der Adenauer-Ära immer noch üblich waren. Sollte es jemals so etwas wie ein deutsches Stonewall gegeben haben, dann vor fünfundzwanzig Jahren an der Waterkant: Stonewall was a riot in Hamburg.
Nach Ansicht des whk machen die damaligen gegen Homosexuellenregister (Rosa Listen) und polizeiliche Überwachung von Schwulentreffpunktengerichteten Aktionen der Homobewegung beispielhaft deutlich, daß Erfolge im Kampf um gleiche Rechte für Lesben und Schwule nicht zuletzt durch phantasievolle Gegenwehr auch auf der Straße erreicht werden. Mit Stolz und Respekt grüßte das Komitee alle Frauen und Männer, die damals an den Aktionen gegen die Hamburger Senats-Cowboys beteiligt waren: Eure Courage zeigt uns, daß eine radikale und leidenschaftliche Sexualpolitik selbst einen scheinbar übermächtigen Gegner bezwingen kann. (vgl. www.whk.de/whk2305.htm)
Kennt jemand aus Köln das whk?
Beleidigt reagierte die vom whk wegen bedenklicher Nähe zur nordrhein-westfälischen SPD sowie möglicher wirtschaftlicher Eigeninteressen kritisierte Kampagne stop-rosa-listen.de auf eine Presseerklärung des Komitees vom 3. August. Am Tag darauf war dem von Carsten Wawer und Oliver Zeisberger geführten Weblog der von der in Köln ansässigen SPD-nahen Politcampaining-Firma Barracuda am 27. Juli gestarteten Kampagne folgende argumentativ und orthographisch etwas wirre Rechtfertigung zu entnehmen:
Kennt jemand das WHK? Werft mal Google an und lest. Viel Spaß! Nur ein erster Kommentar von uns: Wir haben vor der Aktion versucht, das WHK zu erreichen ... Leider ging da niemand dran genau wie jetzt auch. Ja, wir haben Erfahrungen mit Kampagnen im Netz für Verbände, für Parteien, für uns und für Wirtschaftsunternehmen. Wenn wir die nicht hätten, hätte die Aktion bis jetzt auch nicht über 1.000 Unterschriften bekommen. Bei der (sic!) WHK habe ich bei meiner Recherche bis heute keine Unterschriftenaktion in Netz finden können. Und das wir das können, ja das erzählen wir auch. Das WHK erzählt ja auch, was es meint, was die gut können. Ja, wir arbeiten in einer Internetagentur. Hätten wir sonst in zwei Tagen eine solche Site ohne Know-how zusammenstellen können? Vielleicht. Jedenfalls fällt uns der Bau einer solchen Website leichter, als eine Anzeigenkampagne in Printmagazinen oder eine bundesweite Unterschriftenaktion vor Supermärkten. Also war eine Website das Mittel der Wahl. Ja, wir arbeiten neben anderen Kunden auch für die SPD. Und die anderen Dinge, die zur barracuda digitale agentur von der (sic!) WHK so treffsicher recherchiert wurden, sind auch im Groben und Ganzen richtig. Nichts von alledem haben wir verschwiegen. Wer sich schon drei Tage im Internet auskennt, weiß, daß man sowas auch gar nicht verschweigen kann. Einmal Google anwerfen und schon kann man mit dem Lesen loslegen. Ist das WHK so naiv, zu denken, daß wir das beim Start einer solchen Aktion nicht gewußt hätten, daß man ein paar Tatsachen über uns im Netz und anderswo recherchieren kann? Viel Mühe mit ihrer Recherche haben sie sich nicht gemacht. Ein kurzes Gespräch mit uns, und wir hätten vieles von den Verschwörungstheorien der (sic!) WHK entkräften können ... Die Initiative zu stop-rosa-listen.de kam von Carsten und von mir. Der gute Stil verlangt es, daß wir unsere Eigenständigkeit bewahren insbesondere deswegen, damit wir nicht in irgendeine von den vielen vorhandenen Szeneschubladen gesteckt werden (!). Wer uns jetzt noch Vorwürfe für diese Aktion um die Ohren hauen will, nur zu ... Ob das WHK als langjähriger und sicherlich inhaltlich viel versierterer Streiter als Carsten und ich vielleicht einfach gerne selber auf die Idee zu dieser Unterschriftenaktion im Netz gekommen wäre, ein Schelm, wer das denkt. Hätte sich das WHK also mit einer netten E-Mail (Nette E-mails, auch mit Kritik, beantworten wir am liebsten!) an uns gewandt, hätten wir sicher auf Mahnungen und Hinweise des WHK reagiert. Leider haben sie diese Chance nicht genutzt. Man wird halt nicht überall mit offenen Armen empfangen, wenn man sich engagiert.
Das whk hatte unter anderem kritisiert, daß die in der Homoszene völlig unbekannten Kampagnenmacher es offenbar gänzlich versäumt hatten, sich vor dem Start ihrer gutgemeinten Aktion mit Verbänden der Szene inhaltlich und taktisch abzustimmen. Zudem hatte das Komitee moniert, daß Unterstützer der Online-Kampagne die Postleitzahl ihres Wohnortes angeben sollten, nicht aber, wie sonst bei vergleichbaren Unterschriftensammlungen üblich, eine etwaige (homo-) politische Funktion. Außerdem hätten die Kampagnenbetreiber bislang im Unklaren gelassen, wem die Unterschriften wann und in welcher Form übergeben werden sollen (www.whk.de/whk2705.htm).
Die Antwort der Barracuda GmbH klang wenig überzeugend: Wie gehen wir mit den Unterschriften um? Aktuell teilen wir lediglich die Zahl der bisherigen Unterschriften mit. Eine Veröffentlichung hier im Netz gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Ob und wann wir die Unterschriften an Innenminister und Datenschutzbeauftragte übergeben, wollen wir vom Verlauf der Aktion abhängig machen (!! whk). Aber nach einer Woche 1.000 Unterschriften erhalten zu haben, bestärkt uns in der Absicht, diese in einer noch festzulegenden Form den Innenministern und Datenschutzbeauftragten zu übergeben. Ob mit Wohnort oder Postleitzahl da sind wir noch nicht entschieden. Vermutlich aber ohne. Warum fragen wir nach dem Wohnort? Weil wir meinen, daß eine Differenzierung der Unterzeichner danach, ob sie aus den drei betroffenen Bundesländern kommen oder Unterstützer von außerhalb darstellen, für die Intensität der Unterstützung und die Art der Unterstützung, die unsere Aktion erfährt, wichtig ist.
Das whk hatte sich zum Rosa-Listen-Skandal seit Mai mit Presseerklärungen geäußert, die von zahlreichen Medien, so etwa bereits im Neuen Deutschland vom 24. Mai (S. 5), zitiert worden waren. Allein im August gab es dazu vier Presseerklärungen heraus; das schwule Radiomagazin ChilliGays aus Erfurt sendete am 9. August ein längeres Interview mit dem Sprecher des whk Rheinland, Dirk Ruder, der sich ferner im September im Szeneblatt Box (Köln) mit der Kolumne Rosa Listen? Nie gehört? zu Wort meldete. (vgl. www.whk.de/2005.htm sowie das Editorial in diesem Heft.)
Richtigzustellen ist schließlich die dreiste Lüge, Wir haben vor der Aktion versucht, das WHK zu erreichen ... Leider ging da niemand dran genau wie jetzt auch. Vertreter der Kampagne, vor der hier nochmals nur eindringlich gewarnt werden kann (es sei denn, man will sofort bei seinem Landes-Innenminister aktenkundig werden), haben die permanent geschaltete Kontaktnummer 0180/4444945 des whk zu keinem Zeitpunkt angerufen; Einzelverbindungsnachweise deuten ebenso wenig darauf hin wie etwaige Bitten um Rückmeldung auf dem zugehörigen Anrufbeantworter des whk, welche eine an Mitwirkung und Unterstützung interessierte Kampagne sonst gewiß hinterlassen hätte.
Kennt jemand aus Köln die Polizei?
Die Staatsanwaltschaft Köln wird nicht weiter gegen Polizisten ermitteln, die von einer Absolventin der Polizeischule öffentlich beschuldigt worden waren, im Dienst Nazi-Lieder gesungen und schwulenfeindliche Sprüche geklopft zu haben. Dies geht aus einem Brief des Polizeipräsidiums an das whk hervor, den das Komitee am 8. August bekannt machte. In dem Schreiben teilt die Behörde mit, das Verfahren gegen unbekannte Beamte sei nach Abschluß der Überprüfung seitens der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 StPO eingestellt worden ... Da in dem von Ihnen angeführten Leserbrief (der Polizeischülerin whk) weder eine genaue Bezeichnung der Lieder erfolgte noch Personen namentlich benannt wurden, konnte ein strafrechtlich relevantes Geschehen, welches die Voraussetzungen eines Anfangsverdachts im Sinne des §152 StPO erfülle, nicht nachgewiesen werden. Weiter führt die Polizeibehörde aus: Das Absingen von Marschliedern erfüllt keinen Straftatbestand. Eine Strafbarkeit nach §86a StPO wäre nur gegeben, wenn es sich um das Host-Wessel-Lied oder das SA-Lied Es zittern die morschen Knochen gehandelt hätte. Hiervon könne jedoch aufgrund der mitgeteilten Umstände unbekannter Personen nicht ausgegangen werden. Im übrigen hätte die Verfasserin des Leserbriefes bei Vorliegen strafrechtlicher Umstände Anzeige erstattet, zumal sie als Polizeibeamtin dem Strafverfolgungszwang unterliege, so das Polizeipräsidium gegenüber dem whk. Die Polizeischülerin hatte allerdings nicht pauschal von Marschliedern gesprochen, sondern explizit von Marschliedern aus dem Dritten Reich. Das whk forderte den Polizeipräsidenten Klaus Steffenhagen deshalb im Frühjahr auf, die Angelegenheit zu untersuchen und nötigenfalls entsprechende disziplinarische Schritte gegen die Beamten einzuleiten. Das Komitee bedauerte im August die Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Überprüfung. Nach Ansicht des whk hätte man den Vorfall zumindest untersuchen müssen, um beurteilen zu können, um welche Lieder es sich dabei tatsächlich gehandelt habe. Gerade bei der skandalgeplagten Kölner Polizei sollten ernstzunehmende Hinweise auf mögliche ungesetzliche oder sogar demokratiefeindliche Vorkommnisse besonders aufmerksam untersucht werden. Die vom Polizeipräsidium in beiderseitigem Interesse ans whk gerichtete Bitte, eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Schwulengruppen und Polizei nicht herbeizureden, hält das whk indes für durchaus heuchlerisch. Nicht das eine Zusammenarbeit mit der Polizei als staatlichem Repressionsinstrument strikt strikt ablehnende whk, sondern die Polizeibehörden und ihre vor Wochen aufgedeckten Rosa Listen seien doch wohl für die derzeit angespannte Lage verantwortlich. Das whk verwahre sich dagegen, in irgend einer Weise für die Fehler einer Behörde verantwortlich gemacht zu werden. (vgl. www.whk.de/whk2905.htm, www.whk.de/whk0505.htm sowie Dies ist ein Überfall (1) in Mitteilungen des whk, Gigi Nr. 37, S. 38)
Meldeakte in Düsseldorf (1)
Den Homomedien bislang keine Meldung wert war eine Erklärung des whk vom 13. August zum Kampf der Düsseldorfer Stadtverwaltung gegen offen onanierende Personengruppen und Oralsex. Die Stadt sieht traditionelle Schwulentreffpunkte im Stadtzentrum nämlich als nicht legal und störend an und will darum weiterhin mit Kontrollen gegen sie vorgehen. Dies ergebe sich, so das Komitee, aus einem Brief des Presseamts an die Redaktion der whk-Zeitschrift Gigi. In dem zweiseitigen Schreiben heißt es, die Kontrollen des städtischen Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) seien nicht nur aus Gründen der Sauberkeit notwendig. So habe der OSD bei seinen Kontrollen auf öffentlichen Toiletten unter anderem zweckwidrige Nutzungen wie die für jedermann wahrnehmbare Vorname sexueller Handlungen an sich oder anderen Personen festgestellt. Aufgrund entsprechend festgestellter Verstöße seien daher bis Ende Mai 2005 insgesamt 125 Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Wie der Leiter des Düsseldorfer Presseamtes, Kai Schumacher, weiter mitteilt, würden aus leider gegebenem Anlaß neben Straßen und Anlagen auch öffentliche Toilettenalagen regelmäßig von den Mitarbeitern des OSD überprüft. Grund dafür seien Beschwerden von Bürgerinnen, die sich in ihrer Sicherheit bedroht fühlten. Nutzern von öffentlichen Toiletten sei weder die unfreiwillige Teilhabe (!) an Drogenmißbrauch noch der Anblick von offen onanierenden oder Oralsex betreibenden Personen oder gar Personengruppen zuzumuten. Mit diesen Handlungen seien zum Teil massive Verschmutzungen der Anlagen verbunden ... Blutspritzer, Blutlachen, hinterlassenes Spritzbesteck, gebrauchte Präservative und Spermarückstände auf WC-Sitzen, Türen, Wänden und den Böden machten die zweckmäßige Nutzung dieser Anlagen zu einem äußerst unerfreulichen Erlebnis, so die Stadtverwaltung. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu beachten, daß sich ein Großteil der unbedarften Nutzer von öffentlichen Toilettenanlagen aus Besuchern und Gästen unserer Stadt rekrutiert, die sich in Düsseldorf wohl und sicher fühlen wollen. Diesem Ziel steht allerdings gegenüber, daß selbst Angehörige von Randgruppen (wer auch immer damit gemeint sein soll whk) und ertappte Wildpinkler (gemeint sind Personen, die wild in die Botanik oder an Hauswände pinkeln whk) darüber beklagen, daß zahlreiche Toilettenanlagen wegen dieser Störungen nicht mehr genutzt werden können. Die Kontrollen seien darüber hinaus auch aus Gründen des Jugendschutzes notwendig, da auch minderjährige Personen auch ohne Begleitung von Erziehungsberechtigten die Einrichtungen ungestört nutzen sollen. Demnach, so resümierte das whk das amtliche Schreiben, gehe die Stadtverwaltung wohl ernsthaft davon aus, daß Homosexuelle auf den öffentlichen Toiletten Düsseldorfs aus purer Geilheit nicht nur Beamte des OSD, sondern sogar Kinder anfallen. Angesichts dessen verwahre sich das whk schärfstens gegen jegliche Unterstellung, die lustvollen anonymen Sex zwischen Männern in die Nähe von Kindesmißbrauch oder anderen Sexualstraftaten rückt. Bedenklich erscheint dem whk, daß die Stadt Düsseldorf offenbar nicht bereit sei, zum Teil seit mehr als hundert Jahren bestehende und in bei männerliebenden Männern bis heute äußerst beliebte Sextreffpunkte als großstädtische Realität und Ausdruck urbaner Lebenskultur anzuerkennen. Die Stadt hatte in ihrem Schreiben wissen lassen: Es mag zutreffen, daß sich einige öffentliche Toilettenanlagen oder Parkanlagen wie der Hofgarten in der Vergangenheit als Treffpunkte der Homosexuellenszene entwickelt haben und von diesem Personenkreis vermehrt frequentiert werden. Diese Entwicklung kann aber im Interesse der Allgemeinheit weder die Legalisierung der beschriebenen störenden Verhaltensweisen noch eine faktische Einschränkung der ordnungsbehördlich notwendigen Kontrollen zur Folge haben. Die eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des OSD nehmen ihre Kontrollaufgaben ... sowohl in Dienstkleidung als auch in zivil und unabhängig von Kontrollen durch die Polizei (!) wahr. Es besteht hier weder ein reichtlicher noch ein sonstiger nachvollziehbarer Anlaß, die z.T. zivil durchgeführten Kontrollen der Toilettenanlagen in Frage zu stellen. Das whk machte die Verwaltung der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt darauf aufmerksam, daß weder Schwulentreffpunkte noch homosexueller Sex einer Legalisierung bedürfen, da bislang weder das eine noch das andere illegal sei. (vgl. www.whk.de/whk3005.htm sowie Klappenkontrollen kontraproduktiv in Mitteilungen des whk, Gigi Nr. 36, S.38)
Meldeakte in Düsseldorf (2)
Wegen des Versuchs einer sexuellen Denunziation des whk-Aktivisten und PDS-Ratsherrn Frank Laubenburg handelte sich Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) wieder einmal eine Klage von seinem Lieblingsfeind bei der PDS-Fraktion ein diesmal wegen Verletzung des Privatgeheimnisses. Hintergrund der Affäre ist Laubenburgs Kandidatur für die Linkspartei bei der Bundestagswahl am 18. September. Da beim zuständigen Wahlamt Unklarheiten über den Wohnsitz Laubenburgs bestanden, war es bei dem offen schwulen Politiker zu einer Wohnungsbesichtigung durch Mitarbeiter des Einwohnermeldeamts gekommen. Aus einem von den Beamten darüber angefertigten internen Bericht hatte Erwin am 19. August in der Sitzung des Kreiswahlausschusses genüßlich Details über zwei Betten in der Wohnung und drei Zahnbürsten im Badezimmer vorgetragen. Laubenburg reagierte noch am gleichen Tag: Herr Erwin hat heute in öffentlicher Sitzung ... vertrauliche Daten aus meiner Meldeakte veröffentlicht ... Deshalb habe ich heute bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf zwei Strafanzeigen wegen aller in Frage kommenden Verstöße, insbesondere Verstoß gegen §203 StGB, Absatz 2 Verletzung von Privatgeheimnissen, §§43, 44 Bundesdatenschutzgesetz und §36 Meldegesetz NRW gestellt. Die erste gegen Unbekannt wegen der Weitergabe vertraulicher Daten des Meldeamtes an die Rheinische Post. Die zweite gegen Hern Erwin aufgrund seiner Ausführungen im Kreiswahlausschuß. Die Aufsichtsbehörde, also der Regierungspräsident, erhält zudem am Wochenende eine ausführliche Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Herrn Erwin, die meines Erachtens zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens führen muß. Laubenburg führte aus, Erwin habe im Wahlausschuß unter anderem berichtet, daß städtische Mitarbeiter in meinem Badezimmer ... keine Handtücher vorgefunden hätten, als sie schauten, ob ich in meiner Wohnung auch wohne. Daß der Oberbürgermeister so eindeutig gegen Datenschutzvorschriften verstößt und meine Persönlichkeitsrechte verletzt, zeigt, wie verzweifelt Herr Erwin ist. Ohne politische Mehrheiten muß er ein Amt verwalten, dem er nicht gewachsen ist ... Ich habe durchaus Mitleid mit Herrn Erwin. Aber das entschuldigt nicht alles, so Laubenburg. Auch die Tageszeitung NRZ zeigte sich über das neueste Kunststück des nicht zuletzt wegen homophober Äußerungen seit Jahren umstrittenen Stadtoberhaupts pikiert: Wenn es um seine eigenen Persönlichkeitsrechte oder die seiner Familie geht, ist Joachim Erwin keineswegs zimperlich. Der Oberbürgermeister schaltet sofort seine Anwälte ein. Man muß deshalb kein Hellseher sein, um sich auszumalen, wie er reagierte, beschriebe ein politischer Gegner in der Öffentlichkeit, was so alles in Erwins Schlafzimmer herumfliegt. Und er hätte Recht, ließe er sich das nicht gefallen. Denn es geht niemanden etwas an. Umso schlimmer, auf welch menschenverachtende Weise der gelernte Jurist gestern Frank Laubenburg vorgeführt hat. Daß der Adressenhickhack des Linkspartei-Mannes mit Blick auf die Wahl die Behörden beschäftigt, ist nicht zu beanstanden. Das Resultat eines Wohnungsbesuches bei Laubenburg aber so genüßlich im Detail zu zelebrieren, wie Erwin das getan hat, ist eine Unverschämtheit. Laubenburg ist kein Kind von Traurigkeit. Seine Vorträge in Ratssitzungen sind mit Respektlosigkeiten gewürzt, der OB ist oft genug Ziel spöttisch formulierter Angriffe. Der sollte souverän genug sein, darüber zu stehen. Ist er aber wohl nicht. In der Regel ist Laubenburg clever genug, keine Grenzen zu überschreiten, die mit Folgen für ihn verbunden wären: Mehr als eine Rüge und ein paar Buhrufe kassiert er nicht. Gut denkbar, daß in Erwin der Frust darüber nagt, sich der Frechheiten Laubenburgs nicht in dem Maße erwehren zu können, wie er es persönlich für richtig hielte. Gestern sah er eine günstige Gelegenheit, sich mal zu rächen. Unterdessen bat Laubenburg die Öffentlichkeit in der Betten- und Badezimmeraffäre eindringlich darum, von Handtuchspenden abzusehen. Er sei damit wirklich gut versorgt. (vgl. Guerilla im Geschlechterkampf in: Mitteilungen des whk, Gigi Nr. 35, S.38)
Riesensauerei in München
Ende Juni wurde in München ein Bezirksrichter aus Österreich vom Vorwurf des schweren sexuellen Kindesmißbrauchs freigesprochen. Der Mann hatte auf der Toilette eines Erlebnis-Schwimmbads mit einem Jungen Sex gehabt und war deswegen vom Bademeister angezeigt worden. Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA am 25. Juni zum Ausgang des Verfahrens am Münchner Amtsgericht meldete, habe der Schöffengerichtsvorsitzende Stephan Kirchinger das Urteil mit den Worten begründet, was der Kollege aus Tirol getan habe, sei zwar eine Riesensauerei, aber nicht strafbar gewesen. Die Staatsanwaltschaft, die für den Angeklagten eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten forderte, prüft laut APA derzeit, ob sie gegen das Urteil Berufung einlegen wird. Der Angeklagte hatte in seiner Verteidigung geltend gemacht, den damals erst 13jährigen Jungen aus den USA für deutlich älter gehalten zu haben. Wäre er 14 Jahre alt gewesen, hätte sich der Angeklagte nach geltender Rechtslage nicht strafbar gemacht, so APA. Auch die Richter schätzten den Jungen nach Angaben der Nachrichtenagentur altersmäßig irgendwo zwischen 14 und 15 Jahren.
Als einzige Organisation aus der Homoszene hatte sich das whk in den Fall eingeschaltet. Am 15. Mai forderte das Komitee angesichts der gewaltfreien und offensichtlich von beiden Seiten erwünschten sexuellen Begegnung in einer Pressemitteilung, den Angeklagten umgehend freizusprechen. Über den Ausgang des Verfahrens zeigte sich die AG Schwulenpolitik des whk hocherfreut. (vgl. www.whk.de/whk1805.htm sowie Im Erlebnisbad 1 in Mitteilungen des whk, Gigi Nr. 38, S. 42)