Mitteilungen des whk Mai/Juni 2005
Mit Hartz IV in den Puff
Auf eine besondere Art von Zwangsprostitution made by Rot-Grün machte das wissenschaftlich-humanitäre komitee (whk) am 28. Februar per Pressemitteilung aufmerksam: Ausländischen Medien zufolge müssen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen in Deutschland damit rechnen, vom Arbeitsamt in die Sexindustrie vermittelt zu werden. Wer sich weigert, dem drohen empfindliche Leistungskürzungen. Hintergrund für die Stellungnahme waren Informationen, daß verschiedene Arbeitsagenturen Leistungsmpfängerinnen gezwungen hatten, sich etwa auf Stellenangebote als Nacktmodell zu bewerben. Wie das Internetportal Redglobe.de unter Berufung auf die britische Tageszeitung Daily Telegraph, den österreichischen Standard sowie ein spanisches Medium berichtet, können die Arbeitsagenturen Frauen mit Verweis auf die verschärften Zumutbarkeitsregeln bei Hartz IV zwingen, sich zu prostituieren, so das whk in der Pressemitteilung Mit Hartz IV in den Puff?. Unter anderem schilderte der Daily Telegraph den Fall einer 25jährigen arbeitslosen Informatikern, die sich arglos bereiterklärt hatte, nachts als Kellnerin zu arbeiten. Daraufhin habe sie von der zuständigen Arbeitsagentur die schriftliche Aufforderung erhalten, sich bei einem potentiellen Arbeitgeber zu melden einem Bordellbesitzer. Im thüringischen Gotha sei eine 23jährige Frau amtlich aufgefordert worden, zu einem Bewerbungsgespräch für einen Job als Nacktmodell zu erscheinen. Die Hamburger Sozialanwältin Mechthild Garweg zitierend beklagte das whk, schon jetzt seien Arbeitsagenturen oft bereit, dem Druck von Unternehmern nach geeigneten Arbeitswilligen nachzugeben und ALG-II-Empfängerinnen unter Androhung von empfindlichen Leistungskürzungen in Jobs zu vermitteln, die mit sexuellen Dienstleistungen zu tun haben, aber nicht als Prostitution gelten. Zwar hätten Sprecher der Berliner Landes- sowie der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit den ausländischen Medienberichten mit der Begründung widersprochen, die Arbeitsagenturen vermittelten niemanden in sittenwidrige Arbeit. Das whk wies in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, daß Prostitution in Deutschland seit der Legalisierung durch Rot-Grün gesetzlich gar nicht mehr sittenwidrig sei. Gegenüber dem Standard hatte Bundesagentur für Arbeit erklärt, eine Frau in einer Tabledance-Bar müsse sich nicht unfreiwillig betatschen lassen und könne den Job ohne Schmälerung der staatlichen Leistungen wieder aufgeben. Allerdings sei im Einzelfall die Zumutbarkeit zu prüfen. Während ausländische Medien diese Haltung mit dem sarkastischen Hinweis kommentierten, die Bundesagentur halte ihre Haltung wohl für kulant, verdeutlichen die Vorgänge dem whk einmal mehr den repressiven Charme rot-grüner Antidiskriminierungspolitik: erst Prostitution halbherzig legalisieren und dann diejenigen hineinzwingen, die man erfolgreich in die Armut getrieben hat.
Rosa-Winkel-Mythos 2005
Nach einem von Lesben- und Schwulenverband LSVD und der Initiative Gedenkort für homosexuelle NS-Opfer Anfang April veranstalteten zweitägigen Gedenkort-Kolloquium rief das whk zum Boykott des künstlerischen Wettbewerbs für das geplante Homo-Mahnmal auf: Wenn das Kolloquium eines überdeutlich vor Augen führte, so den erreichten Grad an Verlogenheit und Geschichtsvergessenheit einer staatstragenden und staatsgetragenen Homo-Bürgerbewegung, so das whk am 9. April über die Veranstaltung im Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtags. Die Konsequenz aus diesem Kolloquium könne nur darin bestehen, sich dem Projekt zu verweigern, das gesamte Konzept dieses Gedenkortes als historische Entgleisung und moralische Zumutung für die tatsächlichen Opfer zu verwerfen und sich dem Reinwaschungsdrang einer wiedererstarkten Selbstbewußten Nation mit politischem Anstand zu widersetzen. Lebhaftes Echo fand auf etuxx.de eine whk-Erklärung vom 17. April zur mit antisemitischen Versatzstücken garnierten Einladung des Berliner Überfalltelefons MANEO zer für den 1. Mai geplanten Veranstaltung Ist das Holocaustmahnmal schon alles für uns Vergangenheitsbewältigung und die Schwulen, ein Mißverständnis? Diese wird im Infoladen Mann-O-Meter (MOM) vom schwulen taz-Rechtsaußen Jan Feddersen moderiert. Ein Forumsteilnehmer stimmte dem whk mit dem Betreff Schwule Täter sind keine Opfer! zu: Am 1.5.: MoM plattmachen! Feddersen auf die Fressesen! Ein sich Hamburger Beobachter (!) nennender User konterte mit Kai Diekmann jetzt beim whk? Wechselte der BILD-Chef zum whk? und ein User er tat sich mit whk-caust immer dümmer hervor und schob Junge-Freiheit-tauglich nach: Das whk kann sich seine 6-Millionen-wiegen-aber-schwerer-als-die-paar-Homos-Propaganda in den Arsch schieben. Es sind bedauernswerte Indentiäts-Hascherle, die da um ihr Homodenkmal tänzeln, dennoch sind sie nicht der rechte Flügel ... Das whk ist echt die schwule BZ oder BILD, stets tendenziös, übertreibend und sensationshaschend. Was wiederum einen dada motivierte: Wenn das whk die schwule BILD oder BZ ist, dann abonniere ich beide! (vgl. zum Gegenstand der Debatte das Editorial in diesem Heft)
Ihre Gene bitte!
Im April verständigten sich Bundesregierung und Opposition über einen juristischen Fahrplan zur Ausweitung der DNA-Analyse. Auf heftige Kritik stießen die Pläne sowohl bei den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern als auch bei Bürgerrechtsinitiativen. Die einzige Stellungnahme aus der lesbisch-schwulen Szene kam einmal mehr vom whk: Politiker und Medien, die nach dem Mord an dem Münchner Modemacher Rudolph Moshammer eine Ausweitung der DNA-Analyse fordern, spielen mit der demokratischen Verfaßtheit unseres Landes, hatte das Komitee bereits am 19. Januar direkt nach dem Moshammer-Mord gewarnt. Nach Ansicht des whk liefere der nach amtlicher Darstellung von einem Callboy begangene Mord lediglich den Vorwand für einen weiteren Abbau von Bürgerrechten, vorgeblich aus Gründen der Kriminalprävention. Zu befürchten sei nicht zuletzt eine Kriminalisierung der Stricher- und Homoszene. Anlaß für die whk-Stellungnahme waren unter anderem im Januar von BILD lancierte Presseberichte mit Schlagzeilen wie DNA-Tests schon für Babys?. Das Blatt hatte verschiedene Landesinnenminister von CDU und CSU zitiert, die über eine drastische Ausweitung der DNA-Tests nachdachten. Dadurch würde praktisch die gesamte Bevölkerung aus Gründen eines ominösen Schutzes potentieller Opfer unter Kriminalitätsverdacht geraten, erklärte das whk. Das Komitee schloß sich deshalb der Einschätzung von Bürgerrechtsgruppen und des Bundesdatenschutz-Beauftragten Peter Schaar an, die eine solche Ausweitung entschieden ablehnen. Die Festnahme Moshammers mutmaßlichen Mörders binnen 48 Stunden zeigt nach Ansicht des whk trotz einiger Unklarheiten betreffend den legalen Hintergrund der Erfassung und Speicherung seiner DNA nur zu gut, daß die bestehenden Regelungen vollkommen ausreichen. Das whk erinnerte daran, daß vorgeblich freiwillige Gen-Tests in der Bundesrepublik schon jetzt bei lediglich verdächtigten Personen etwa bei Globalisierungsgegnern und Antifaschisten längst Usus seien. Der unablässige Verweis auf den Moshammer-Mord solle offenbar die Brisanz einer erneut ausgeweiteten DNA-Anlayse hinsichtlich der staatlichen Einschüchterung und Bekämpfung politischer Gegner bewußt verharmlosen.
Damit haben wir nichts zu tun (1)
Ein Hilfeersuchen erreichte das whk am 16. April aus Österreich: Guten Tag, ich bin Germanistik-Studentin an der Uni Wien und schreibe im Rahmen einer Proseminars eine Arbeit zum Thema queer. Dabei möchte ich auf Organisationen und Institutionen in Wien näher eingehen, die mit diesem Begriff zu tun haben. Könnten Sie mir eventuell einige Informationen geben, inwieweit Sie mit dem Begriff queer zu tun haben, wie Sie ihn definieren bzw. wie der Bezug dazu ist? Die Antwort fiel notgedrungen knapp aus: Zunächst wäre ... zu sagen, daß das whk in Wien derzeit nicht als Gruppierung organisiert ist. Wohl aber gibt es einzelne Menschen in Wien und Umgebung, die an der Arbeit des whk interessiert sind, die dem whk nahestehen oder das whk organisatorisch und ideell unterstützen. Indes verwende das whk den Begriff queer in seiner politischen Arbeit nicht und hat daher im Prinzip keinen Bezug zu ihm. Auf einzelne whk-Stellungnahmen und die jüngste Berichterstattung in Gigi verweisend machte das whk auf das fragwürdige theoretische Fundament des Begriffs aufmerksam, auf den sich in Deutschland auf politischer Ebene lediglich die Bundesarbeitsgemeinschft Queer der PDS explizit berufe. Das whk halte den Begriff queer vielmehr für den Ausdruck einer im Kern neokonservativen Ideologie. Er verklärt tatsächliche (patriachale) Machtstrukturen zu theoretischen Konstrukten, löscht sprachlich wie ideell die Vielfalt sexueller Möglichkeiten aus und stellt damit einen nicht zu unterschätzenden Angriff auf die historisch erkämpften Siege sexueller Emanzipation dar.
Damit haben wir nichts zu tun (2)
Mit Lob bedachte das whk die Bundesarbeitsgemeinschaft Queer der PDS am 1. April: Nach reichlicher Bedenkzeit hat sich nun auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Queer der PDS der Kritik des whk an den vorliegenden Entwürfen für ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG) in weiten Teilen angeschlossen, kommentierte das Komitee einen längeren redaktionellen Beitrag des AG-Queer-Sprechers Ralf Buchterkirchen in der April-Ausgabe des ehrenamtlichen Oldenburger Homomagazins Rosige Zeiten (Nr. 94, April/Mai 2005). In dem Beitrag zum Stand der Antidiskriminierungsgesetzgebung des Bundes hatte Buchterkirchen den vorliegenden ADG-Entwurf einer umfassenden Kritik unterzogen und erklärt, das Gesetz werde nichts bringen, eher sind noch Verschlechterungen zu erwarten. Das geplante Vorhaben sei nichts als ein zahnloser Tiger. Zudem verschleiere die derzeitige Debatte um das ADG die wirklichen Knackpunkte des Entwurfs. Daß Buchterkirchen jene Knackpunkte allerdings weder kannte noch verstanden hatte und sich deshalb bei der Formulierung seiner angeblich eigenen Erkenntnisse aus Pressemitteilungen des whk bedienen mußte, wertete das Komitee ausnahmsweise als Kompliment für die eigene Arbeit. Mit seiner Einschätzung folgt Buchterkirchen in wesentlichen Details der Kritik, die das whk seit Jahresanfang bereits mehrfach und zuletzt in einem Schwerpunkt seines sexualpolitischen Magazins Gigi öffentlich geäußert hat. Für das whk grenze es fast an ein verspätetes Osterwunder, daß bei den Lesben und Schwulen in der PDS offenbar doch noch Reste sexualemanzipatorischer Politik vorhanden sind. Das whk empfahl Buchterkirchen seine Erkenntnisse nun rasch bei der Parteispitze und vor allem bei den beiden PDS-Abgeordneten im Bundestag vorzutragen. Letztere scheinen nämlich von der ablehnenden Haltung ihrer rosa Genossen zum ADG-Entwurf noch nicht das geringste mitbekommen zu haben und pflegen dort Elogen auf verkappte Diskriminierungsgesetze fleißig zu applaudieren.
Damit haben wir nichts zu tun (3)
Einen von Homo-Medien übergangenen Gerichtsentscheid in Sachen Klappensex machte das whk im März öffentlich. Das Amtsgericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt hatte bereits im Dezember des Vorjahres einen Bußgeldbescheid des Ordnungsamts für angeblich grob ungehörige Handlungen auf einer öffentlichen Toilette um satte 160 Euro reduziert und damit ein Bußgeld von ursprünglich insgesamt 260 Euro für nicht stattgefundenen (!) Toilettensex als viel zu hoch eingestuft. Der Entscheid sei eine peinliche Schlappe für Bürgermeister Erwins städtische Schwulenjäger, befand das whk nach Bekanntwerden des schriftlichen Urteils am 11. März (Gesch.-Nr. 301 Owj 30 Js 5449/03). Zwar habe das Amtsgericht die Bußgeldbescheide des städtischen Düsseldorfer Ordnungs- und Sicherheitsdienstes (OSD) nicht per se für unrechtmäßig erklärt, jedoch deren bundesweit beispiellose Höhe zumindest als überaus fragwürdig eingestuft, so das whk. Die Entscheidung hat allerdings keine grundsätzliche Wirkung, da das Gericht nur den vorliegenden Fall zu klären hatte, und nicht die mehr als achtzig weiteren wegen gleicher Delikte ergangenen Bußgeldbescheide. Das Verfahren kam zustande, weil ein arbeitsloser Mann aus Essen Widerspruch gegen das Bußgeld eingelegt und die Zahlung der Strafe kategorisch verweigert hatte. Die gerichtliche Klärung des Falls war nur durch einen Akt schwuler Solidarität möglich geworden: Die Homosexuelle Selbsthilfe (HS e.V.) hatte eine großzügige Prozeßkostenhilfe gewährt, um die Rechtmäßigkeit solcher Bußgelder klären zu lassen. In der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts am 8. Dezember 2004, an der das whk als Prozeßbeobachter teilnahm, verneinte der vom Amtsrichter Henning als Zeuge befragte OSD-Beamte Mark Fittkau die Frage, ob er sich im Dienst möglicherweise als Agent Provocateur betätigt habe. Vielmehr sei das Ordnungsamt massiven Beschwerden aus der Bevölkerung unter anderem wegen der Ausbreitung der homosexuellen Szene nachgegangen. Im Falle des Essener Mannes hätten sein Kollege und er sich in der Toilette völlig normal verhalten. Die Beamten hätten die Jacken geschlossen gehabt und auch keinerlei aufreizende Bewegungen gemacht. Auf die Richterfrage, warum die OSD-Mitarbeiter die Kontrollen denn in Zivilkleidung durchführten, erklärte Fittkau jedoch: Wenn wir da in Uniform runtergehen, dann hat das wenig Sinn, weil dann hat man keine Feststellung von Ordnungswidrigkeiten. Das whk hatte bereits Ende Juni 2003 die OSD-Aktionen gegen Schwulentreffs enthüllt. Erst im Dezember 2004 waren die Klappenkontrollen auf nennswerte Kritik gestoßen nicht in der schwulen Szene, sondern beim SPD-nahen Boulevardblatt Express. Im März 2005 erkundigte sich das whk beim Düsseldorfer Presseamt nun erneut zu Sinn und Zweck der Kontrollen. Eine Antwort lag bei Redaktionsschluß dieses Gigi-Hefts noch nicht vor. (vgl. Klappenkontrollen kontraproduktiv in: Mitteilungen des whk, Gigi Nr. 36, S. 38)
Damit haben wir nichts zu tun (4)
Auf reges Interesse stieß ein Pressemitteilung des whk über die AIDS-Leichen im Keller des globalen Pharma-Riesen BAYER. Das konzernkritische Netzwerk Coordination gegen die BAYER-Gefahren (CGB) versandte die von ihm sehr begrüßte whk-Pressemitteilung vom 2. März umgehend über den eigenen Emailverteiler, die somit weltweit rund 6.000 mit BAYER-Gefahren bestens vertraute Adressaten erreichte. In der Stellungnahme hatte das Komitee eine mit einem Schwulenpaar für eine neue HIV-Resitenzbestimmung werbende BAYER-Werbeanzeige (siehe Faksimile oben) als heuchlerisch kritisiert. Der wegen zahlreicher Medikamentenskandale und großangelegter Betrügereien umstrittene Konzern hatte das science for a better life verheißende halbseitige Motiv am 1. März ausgerechnet in der notorisch homophoben Zeitung Die Welt geschaltet. Für das whk der blanke Hohn: Es ist allgemein bekannt, daß sich BAYER aus der Erforschung wirksamer Medikamente gegen HIV und AIDS weitgehend zurückgezogen hat. Wenn der Konzern nun schwulen Männern, die in den westlichen Industriestaaten nach wie vor am meisten von AIDS betroffen sind, ausgerechnet die Methode der Resistenzbestimmung nun als wichtigen Schritt gezielter und individueller Hilfe verkaufen will, ist das mehr als zynisch, so das whk, das die Annonce zudem als Desinformationskampagne bezeichnete. Das Komitee erinnerte an den von Medikamenten der BAYER-Tochter CUTTER verursachten AIDS-Skandal Mitte der 80er Jahre, der weltweit tausenden Menschen das Leben kostete. In einzelne asiatische Länder sei AIDS nachweislich erst durch verunreinigte BAYER-Medikamente eingeschleppt worden. Die BAYER-Tochter CUTTER hatte wissentlich im großen Stil HIV-verseuchte Bluter-Medikamente nach Asien und Südamerika verkauft und dadurch Infektion und Tod von Menschen billigend in Kauf genommen. Nach der CGB-Mailing-Aktion und der präventiven whk-Aufforderung an die kommerzielle Schwulenpresse, ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit nicht durch die Annahme potentieller Anzeigenaufträge des BAYER-Konzerns mutwillig zu verspielen bekam BAYER wohl kalte Füße: In Schwulenblättern tauchte die Anzeige bisher nicht auf.
Dies ist ein Überfall (1)
Mehrfach meldete sich das whk in den letzten Wochen in der Debatte um ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG) zu Wort. Nach der öffentlichen Anhörung des zuständigen Bundestags-Familienausschusses am 7. März sah es sich in seiner Ablehnung des Koalitionsentwurfs bestätigt. Dieser sei handwerklicher Pfusch und eine politische Fehlkonstruktion. Eine Vielzahl undefinierter Begriffe bringe für die Betroffenen vielfache Rechtsunsicherheit. Die meisten Betroffenenvertretungen begrüßten das Vorhaben im Grundsatz, während fast alle juristischen ExpertInnen gravierende rechtspolitische Einwände erhoben und auf erhebliche handwerkliche Mängel hinwiesen, und zwar sowohl im geplanten arbeits- als auch zivilrechtlichen Bereich. Demnach kollidieren Regelungen des Entwurfs mit zahlreichen anderen Gesetzen, etwa dem Bürgerlichen und dem Arbeitsgesetzbuch wie auch einzelnen Verfassungsartikeln. Ausdrücklich schloß sich das whk der Kritik des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften (iaf) an, daß institutionelle Diskriminierungen durch Behörden und Einrichtungen des öffentlichen Rechts vom Entwurf ausgenommen wurden. Die iaf-Vertreterin hatte daran erinnert, gerade der Staat habe durch das restriktive Zuwanderungsrecht einen Zwang zur Heirat geschaffen. Da Heirat für MigrantInnen oft der einzige Weg sei, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen und eine Partnerschaft in Deutschland zu leben, fühlten sich solche Lebensgemeinschaften im Recht auf freie Wahl der Partnerschaft diskriminiert. Das whk ergänzte, daß dies in verschärftem Maße für tri- und multinationale Beziehungen von mehr als zwei Personen gilt, die real zwar gelebt werden, aber juristisch weder existent noch politisch von den Parteien gewollt sind. Als politisch verheerend wertete es, daß ausgerechnet der Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD, Manfred Bruns, während der Anhörung äußerte, man habe nichts dagegen, wenn Versicherungsunternehmen vor dem Abschluß einer Lebensversicherung mit schwulen Männern nach einem HIV-Test fragen oder Sind Sie AIDS-krank? und dies damit als Grund zur Verweigerung der Absicherung allgemeiner Lebensrisiken legitimierte. Indem Bruns auch noch zur Vertragsverweigerung bei Homo-Ehen anmerkte, nicht die Lebenspartnerschaft, sondern das Sexualleben sei bei Schwulen das versicherungsrelevante Risiko, was bei Sextouristen dasselbe sei, erhebe er nach Ansicht des whk nicht nur Heterosexualität zum Maßstab bürgerlicher Wohlanständigkeit und diskriminiert Homosexuelle ganz ungeniert. Zudem impliziert er, heterosexueller Sex berge ein Infektionsrisiko nur bei Prostitutionsverhältnissen. Das whk riet dem LSVD, seinen Rechtsexperten endlich in einen Grundkurs der lokalen AIDS-Beratung zu schicken. Eine weitere whk-Erklärung vom 30. März galt dem nach dem Kieler Regierungswechsel auf der Kippe stehenden modernen Antidiskriminierungskonzept Schleswig-Holsteins. Bereits am 27. Februar hatte das whk unterm Titel Antidiskriminierungsgesetz ganz auf den Hund(t) gekommen Äußerungen des Arbeitgebergeberpräsidenten Dieter Hundt gegen das geplante ADG kommentiert und darauf hingewiesen, daß das Portal queer.de endlich einen sinnvollen (und ernst gemeinten) ADG-Einsatz entdeckt habe: beim lesbischen Hundekauf in Skandinavien. (vgl. Editorial in Gigi Nr. 36)
Dies ist ein Überfall (2)
Mit Endlich salonfähig: NPD-Kader beruft sich auf Schwules Überfalltelefon Berlin überschrieb das whk am 26. März folgende Stellungnahme: Die zustimmenden Äußerungen des Dresdner NPD-Aktivisten Alexander Schlesinger werfen erneut ein grelles Licht auf die seit Jahren in der Lesben- und Schwulenszene umstrittene Arbeit des senatsgeförderten Schwulen Überfalltelefons MANEO in Berlin. Nach übereinstimmenden Presseberichten bezieht sich Schlesinger in Rosa von Praunheims zur Berlinale präsentierten Dokumentarfilm Männer, Helden und schwule Nazis positiv auf die ausländerfeindlichen Statistiken des schwulen Anti-Gewalt-Projekts in Berlin. Im Film nach konkreten Gefahren befragt, denen schwule Männer ausgesetzt sind, zitieren Rezensenten des Films Schlesinger mit den Worten: Fragst du beim Schwulen Überfalltelefon Berlin an, so wirst du aufgeklärt, daß Türken und Marokkaner Schwule angreifen, von Rechtsextremisten hörst du kaum. Schlesinger sei in der rechtsradikalen Szene als Ausländerfeind und Antisemit bekannt, so das whk. Die NPD wiederum, deren Mitglied Schlesinger sei, werde bundesweit vom Verfassungsschutz kontrolliert. Für das whk bestätige sich mit diesen Äußerungen ein weiteres Mal, welch fragwürdige Rolle die einst als Infotelefone gegen staatliche Repression entstandenen schwulen Antigewalt-Projekte inzwischen spielen. Derzeit sehe es so aus, als ob sie gewollt oder ungewollt eine nicht zu unterschätzende Scharnierfunktion zwischen wertkonservativen, ausländerfeindlichen und offen rechtsextremen und damit demokratiefeindlichen Strömungen inner- und außerhalb der Homoszene erfüllen (vgl. Berlinale-Berichte in Gigi Nr. 36).
Gruß und Kuß (1)
In einer Abschiedsmail dankte Juliaan B. Schnitter vom Internetportal GAYwinner.de am 5. April persönlich für die politische Arbeit des Komitees: Liebe Freunde von whk und Gigi, wir haben das Projekt GAYwinner eingestellt ... Wir haben uns immer über die Mitteilungen des whk gefreut und gern berichtet, weil ihr eben auch Gedanken initiiert, die jenseits des Mainstream liegen, zum Nachdenken und Überdenken eigener Meinungen anregen. Auch etablierte Organisationen täten gut daran, einige Eurer Gedanken zu bedenken, anstatt sie als spinnerte Ideen abzuqualifizieren. In diesem Sinne wollen wir uns einstweilen verabschieden, uns für die jahrelange freundliche Zusammenarbeit bedanken und Sympathie mit besten Wünschen für die Zukunft verbinden.
Gruß und Kuß (2)
Zum diesjährigen LSVD-Verbandstag am 23./24. April sandte das whk wieder ein Großwort nach Köln. Darin gratulierte es dem homosexuellen Bürgerrechtsverband zum 15. Geburtstag und zeigte sich erfreut, daß ihm kurz vorm Verbandstag endlich die im Vorjahr unter Ausschluß der Öffentlichkeit beschlossene Herausgabe einer Vereinszeitschrift gelungen sei. Als Gigi-Herausgeber wisse das whk, welche Kraftanstrengung die Publikation eines journalistisch anspruchsvollen und bedeutsamen Magazins bedeute. Das whk wünschte dem LSVD eine erfolgreiche Weiterentwicklung der innerverbandlichen Pluralität und forderte ihn zu einem ernsthafteres Engagement in bedeutsamen Bürgerrechtsfragen wie der Debatte um das Sexualstrafrecht oder die geplante Ausweitung der DNA-Analyse auf. Das whk wünscht sich den LSVD als wagemutigen politischen Kontrahenten.