Mitteilungen des whk März/April 2004
Gestörtes Verhältnis zur Polizei
Das Landgericht Dortmund stellte am 11. Februar ein Verfahren gegen den whk-Aktivisten Markus Bernhardt ein. Hintergrund der Anklage wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt war eine Rempelei bei einem Wahlkampfauftritt des Hamburger Rechtsaußen Ronald Barnabas Schill. Bei der Kundgebung in der Dortmunder Innenstadt vor zwei Jahren soll der Gegendemonstrant nach Ansicht der Staatsanwaltschaft einen die Veranstaltung schützenden Polizisten geschubst haben. Das Gericht hatte daraufhin eine Geldstrafe von 300 Euro verhängt, wogegen Bernhardt Berufung einlegte. Richterin von Dellinghausen vermutete beim Politaktivisten nun zwar ein gestörtes Verhältnis zur Polizei, stellte das Verfahren jedoch nach § 154 der StPO ein. Zur Begleichung der Anwaltskosten bittet das whk um Solidarität mit seiner von Sozialhilfe lebenden whk-Freundin: Konto Nr. 2604362571 bei der Citibank Dortmund, BLZ 30020900, Empfänger Helmut Bernhardt, Stichwort Prozeßkosten.
Schlampiges Verhältnis zum Geld
Eine whk-Pressemitteilung vom 23. Januar zum mutmaßlichen Subventionsbetrug beim LSVD veranlaßte die Kölner Regionalausgabe der tageszeitung (taz) zu Recherchen. Das whk hatte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln (AZ 113 JS 8002) gegen den langjährigen Landes- und Bundesschatzmeister Jacques Teyssier und andere enthüllt. Unterm Titel Einige tausend Mark verschlampt schrieb die taz: Das whk spricht von einem jahrelangen Finanzklüngel beim überwiegend aus staatlichen Geldern finanzierten LSVD in Nordrhein-Westfalen Der linksorientierte Verband zeigt sich denn auch zufrieden mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und fordert die Untersuchungen zu intensivieren. Endlich nähmen die Behörden das durch parteipolitischen Filz begünstigte Finanzgebaren beim LSVD unter die Lupe. Der Bundesverband des LSVD in Berlin gibt sich derweil eher ahnungslos. Sprecher Klaus Jetz konnte nicht bestätigen, ob es tatsächlich keine ordnungsgemäße Geschäftsführung im NRW-Landesverband bis zu dessen Insolvenz im Jahre 2002 gegeben habe. Das Internetportal queer.de nimmt den LSVD vorsichtig in Schutz: Eine großzügige Auslegung von Geldausgeberichtlinien ist in kleinen wie großen Verbänden nicht unüblich eine kreative Buchführung (whk) ist politisch also durchaus gewollt. Allerdings: Schatzmeister Jaques Teyssier mußte sich auf Verbandstagen immer wieder die Kritik gefallen lassen, er lasse die Mitglieder im Unwissen über die finanziellen Aktivitäten des Vereins ab sofort ist Transparenz gefragt.
Die Behörden hatten dem LSVD-Landesverband eine nicht korrekte Geschäftsführung für 1997 bis 2001 nachgewiesen und festgestellt, daß zwischen 1997 und 1999 Landesgelder nicht transparent und nachvollziehbar aus der Kasse entschwanden. Wohin, das fragt der rheinländische whk-Sprecher Dirk Ruder in seiner Box-Kolumne vom März (Ausgabe West): 1999 transferierten Funktionäre des LSVD heimlich und ohne Mitgliederbeschluß eine (angeblich aus LSVD-Spendengeldern bestehende) Einlage von etwa 5.000 Euro auf die Konten des dubiosen Medienunternehmens Queer AG. Die war welch ein Zufall von Schatzmeister Teyssier und zwei seiner Vorstandskollegen mitgegründet worden, darunter Teyssiers Lebensgefährte Volker Beck. Könnte es vielleicht sein, daß Beck die publizistische Begleitmusik für seine Bundestagskarriere mit Landesmitteln finanzieren ließ, die sein Mann illegal aus dem Homoverband besorgte?
Schwule Macht 2004
Mit der Presseerklärung Es gärt beim Homoverband LSVD machte das whk am 13. Februar abermals Vorgänge beim Schwulen- und Lesbenverband publik. Auslöser war ein Schreiben, das anonyme Verfasser exklusiv und vorab an die Redaktion Gigi gesandt hatten. Darin heißt es, der LSVD-Bundesvorstand habe am Wochenende des 7./8. Februar seine Geschäftsführerin Gabriele Meixner gefeuert. Buchhalter Uwe Düllberg, erst vor einem knappen Jahr in Köln gestartet, nahm freiwillig seinen Hut. Meixner habe im LSVD zu viele Steine umgedreht und zu viele Fragen gestellt. Selbst in ihrer Funktion als Vorstandsfrau des LSVD-Familien- und Sozialvereins, der Finanzschaltzentrale des Bundes, bekam sie keinen Einblick in die Finanzen. Zwischen Meixner und Teyssier herrsche seit Monaten Funkstille, weil Meixner den Bundesvorstand allzu häufig mit unangenehmen Fragen genervt habe. Endgültig zum Risiko geworden sei sie durch ihr Drängen, der Vorstand solle endlich ehrenamtliche und einige fest angestellte Mitarbeiter bei der zuständigen Verwaltungs-Berufsgenossenschaft anmelden.
Das whk kommentiert: Eine Informantin hatte die whk-Zeitschrift bereits im September 2003 darauf aufmerksam gemacht, daß eine Mitarbeiterin der Kölner Geschäftsstelle gemobbt werde, nachdem sie das Fehlen dieser gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldung aufgedeckt habe. Das whk forderte das Bundesfamilienministerium auf, sämtliche Zuwendendungen an den LSVD sofort einzustellen. Für das Komitee kündigt sich in dem anonymen Schreiben auch eine weitere konservative Wende in der bürgerlichen Homobewegung an, da ein in dem Brief erwähnter liberaler Kreis von CDU- und FDP-nahen LSVD-Mitgliedern Teyssier Ende März auf dem Bundesverbandstag stürzen wolle. Damit werde, so das whk, offenbar die Übernahme des bislang bündnisgrün dominierten Verbandes vorbereitet Ein solcher nochmaliger Rechtsruck hielte den Verband auch nach einem absehbaren Regierungswechsel im Fahrwasser einer dann schwarz dominierten Koalition.
Warum machen Sie das mit?
Die whk-Gruppen Hessen und Rheinland haben Zuwachs bekommen. Im Januar stieß in Düsseldorf Tom Böhnert dazu. Der 1957 in Leipzig geborene, derzeit arbeitslose Diplom-Physiker engagierte sich ab 1983 in der Demokratischen Lesben- und Schwulen-Initiative (DeLSI), deren Grundsatzpositionen er mitformulierte. Infostände und schwules Kabarett waren Aktionsformen, an denen ich auch beteiligt war. 1983 verließ der aktive Gewerkschafter die SPD und arbeitete mit in der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung. Als DKP-Mitglied war er an der Formulierung der Grundsätze und Positionen der DKP zur Homosexualität beteiligt: Die Gedanken, die vor zwanzig Jahren in der Linken entstanden sind, finde ich heute bezüglich der Schwulen- und Lesbenbewegung lediglich beim whk wieder.
In Hessen verstärkt fortan Kai Denker das whk. Der Darmstädter Informatikstudent ist ebenso wie der Frankfurter whk-Sprecher Herbert Rusche Vorstandsmitglied des Schwulen Landesverbandes Hessen (slh), außerdem engagiert er sich im Vorstand von our generation, der SchwuLesBischen Jugend Frankfurts. Ich interessiere mich für das whk, weil ich denke, daß es dringend notwendig ist, politische Prozesse gerade in der sogenannten schwulen Community kritisch zu begleiten, ohne dabei in oberflächlicher Kritik verhaftet zu bleiben oder sich gar einem allgemeinen Gebrabbel von Toleranz und vermeintlicher identitäts- und damit gemeinschaftsstiftender Abgrenzung hinzugeben.
Good bye, Lenin
Nach mehrjährigem Engagement beendete Stefan Godau zum Jahresende offiziell die whk-Mitarbeit. Grund ist ein Dissens in der politischen Beurteilung der gegenwärtigen Kinderschänderhysterie. Da ich mich sowieso immer weiter vom whk entfernt habe und mich eh nicht mehr an Aktivitäten, Diskussionen etc. beteilige, ist es nur konsequent, wenn ich Euch mitteile, daß ich ab sofort nicht mehr als Ansprechpartner in der Gigi aufgeführt werden möchte, ließ der Ex-Ansprechpartner in Schleswig-Holstein per Emailabsender Lenin34200 wissen.