Mitteilungen des whk Juli/August 2002
Wieder im KommenWar Auschwitz Diversity Management? hatte das whk am 17. April 2002 zur Verleihung des Max-Spohr-Preises der Gay Manager vom Völklinger Kreis (VK) an die Deutsche Bank gefragt. Im Mai meldete sich dazu das lesbisch-schwule Dresdner Magazin Gegenpol mit einem waghalsigen Kommentar: Das whk kritisiert die Vergabe aufgrund der historischen Mitverantwortung [der Deutschen Bank] im Dritten Reich. Ein Unternehmen, welches sich aktiv im Dritten Reich beteiligte, könne nicht für sich in Anspruch nehmen, mit einem Preis für Toleranz und Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensweisen ausgezeichnet zu werden, dies sei pietätlos ... Nun, ungeachtet der tatsächlichen und unbestrittenen Mitverantwortung des Unternehmens unter Hitler, ist der Max-Spohr-Preis keine Ehrung für die geschichtliche Leistung [sic!] der Deutschen Bank ... Die Mittäter von damals sind schon lange nicht mehr in der Deutschen Bank, Management und Firmenphilosophie [in diesen Bereich fällt die Finanzierung des Massenmords demnach] haben sich geändert. Und man darf die Leistung eines Unternehmens eben nicht nur aus historischer Sicht bewerten [sondern auch aus ahistorischer], genauso gut könnte man dem heutigen Deutschland die Anerkennung auf dem internationalen Parkett verweigern mit dem Hinweis auf die unbestrittene Schuld am 2. Weltkrieg, aber es geht nicht darum, nur noch zurückzublicken, sondern es geht in der Zeit, wo nationalsozialistisches Gedankengut wieder im Kommen ist, vielmehr darum, nach vorn zu schauen und Ereignisse [sic!] wie Auschwitz und den Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Und dabei hat die Deutsche Bank durch ihr Diversity Konzept vielleicht auch einen Anteil.
Das Magazin Sergej punkt aus München fühlte sich dem wiederkommenden nationalsozialistischen Gedankengut weniger verpflichtet als Gegenpol und betitelte seinen Bericht im Juni gleich mit einem Zitat aus dem whk-Pressetext: Verhöhnung der NS-Ofer: Auch der auf Homoseuelle spezialisierte Finanzmakler My Way äußerte sich in einem Offenen Brief an den VK kritisch. die Versicherungstöchter der Deutschen Bank Deutscher Herold, Gerling und Nürnberger verweigerten Homosexuellen (bei Vermutung oder gar Kenntnis) den Abschluß.
Linksnörgler
Zwei weitere whk-Pressemitteilungen, diesmal zur Magnus-Hirschfeld-Stiftung beide tragen das Datum 12. Juni 2002 veranlaßten den Hamburger hinnerk im Juli über allerlei Zufälle bei der Stiftungsgründung nachzudenken: Es sind längst nicht nur die linken Dauernörgler vom whk , die Beck beim Vorantreiben der Stiftung Schlechtes unterstellen. Beide Erklärungen sind vollständig auf der Homepage unter www.whk.de (Rubrik Presseerklärungen) zu finden. Mehr dazu auch im Editorial dieses Gigi-Hefts.
Homo-Geldwaschanlage
Reges Interesse fand die Pressearbeit des whk zum Kölner Klüngel (vgl Gigi Nr. 19, Seite 36). Seit der Presseerklärung vom 19. April hatte das whk Rheinland zahlreiche Journalistenanfragen und Interviewwünsche zu befriedigen. Der Kölner Zeitung Box war das Thema in der Juli-Ausgabe schließlich den Aufmacher (Schwere Vorwürfe gegen LSVD in NRW. whk wirft Verband Korruption vor, LSVD lehnt Stellungnahme ab!) sowie ein zweiseitiges Interview mit Dirk Ruder vom whk Rheinland wert. Für das Blatt kommentierte Michael Zgonjanin das schwule Selbstbedienungs-Netzwerk: Es kann nicht länger angehen, daß unter dem Deckmantel der Community Gruppen und Institutionen nahezu ohne jegliche vernünftige öffentliche Kontrolle unter Ausnutzung eines Netzwerks aus Partei- und persönlichen Karriereinteressen Steuergelder in Millionenhöhe ver(sch)wenden, gedeckt von einem ebenfalls privaten Interessennetzwerk sogenannter seriöser schwuler und lesbischer Journalisten, die unter falsch verstandener Solidarität bereit sind, jede unsinnige Verfehlung zu decken. Wenn jetzt nicht rasch aufgeklärt wird, werden es bald sicher andere tun. Das whk hatte in seiner Pressemitteilung bekanntlich angekündigt, die Bemühungen um rasche Aufklärung bei Bedarf zu unterstützen.
Immerhin erbrachten die Recherchen der Box das Eingeständnis des insolventen LSVD NRW, daß die Geldschiebereien in die Verantwortung des damaligen grünen Landtagsabgeordneten und LSVD-Vorständlers Jens Petring fallen. Allerdings schweigt der Verband beharrlich weiter: Der LSVD hat zu diesem Thema nichts mehr zu sagen.
5. whk-Bundestreffen
Am 6. Juni 2002 fand das fünfte whk-Bundestreffen statt. Einhellig vertraten die aus der gesamten Bundesrepublik ins Bürgerzentrum Alte Feuerwache nach Köln-Ehrenfeld angereisten whk-ler die Ansicht, daß sich Arbeitsweise und Struktur des whk als bundesweiter Assoziation unabhängiger Gruppen seit dem letzten Bundestreffen in Frankfurt am Main im Oktober 2000 stabilisiert, professionalisiert und bewährt haben. Dies werde insbesondere an der Spezialisierung der einzelnen Gruppen auf unterschiedliche Fachgebiete deutlich. So seien Lebensformenpolitik und die Themen AIDS und Prostitution beim whk Berlin angesiedelt, während das whk Ruhr Sexualpolitik mit Antifa- und Antirassismusarbeit verbinde. Das whk Südbaden sei seit den Auseinandersetzungen um die Freiburger Corpus Christi-Aufführung federführend beim Widerstand gegen die religiöse Rechte, das whk Rheinland beschäftigte sich vorrangig mit der politischen Ökonomie des nordrhein-westfälischen Homo-Klüngels und dem Verhältnis von Innerer Sicherheit und sexueller Freiheit. Last but not least hielten die whk-Ansprechpartner Wolfram Setz und Herbert Rusche die Verbindung zu dem Resten der traditionellen linken Schwulenbewegung.
Im Mittelpunkt des Treffens standen zukünftige politische Schwerpunkte und Strategien des whk. Eine besondere Bedeutung komme dabei der Pressearbeit zu, die sich außerordentlich erfolgreich entwickelt habe. Dies sei zunehmend an Medienreaktionen auf whk-Erklärungen, aber auch an den Zugriffszahlen auf die whk-Homepage abzulesen, die seit einigen Wochen deutlich anstiegen.
Die weitere Zusammenarbeit mit anderen Gruppen setzte das Bundestreffen am Sonnabend vormittag konkret mit der Beteiligung an der Antifa-Demo des Kölner Bündnisses Queergestellt um. Zahlenmäßig stark vertreten, stellte das whk mit Eike Stedefeldt erstmals einen offiziellen Redner, der auf der Abschlußkundgebung vor der Oper vor allem auf den Szene-Rassismus in und die Schlußstrichpolitik der rot-grünen Bundesregierung bei der Entschädigung homosexueller NS-Opfern hinwies. Bereits am Donnerstag abend hatten er und Dirk Ruder (whk Rheinland) bei einer Veranstaltung von Queergestellt zu Entschädigungspolitik, CSD-Kommerzialisierung sowie zum grünen Homo-Filz referiert, wobei das Interesse besonders groß war an den Kapitalverflechtungen von LSVD, grüner Partei und der Zeitung Queer.
Am Sonntag unterstützte das whk-Bundestreffen linke Gruppen bei der Repolitisierung des CSD. Unangemeldet (und damit aus Sicht der Veranstalter illegal) marschierten whk-ler mit blauen Fahnen noch vor LSVD und Bündnis 90/Grüne durch die Ziellinie am Kölner Dom.
Das nächste Bundestreffen soll bereits nach den Bundestagswahlen im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte stattfinden.Neuwahl beim whk-Förderverein
Ebenfalls am 6. Juli tagte in Köln der Förderverein des whk e.V. Bei den Vorstandswahlen am Rande des whk-Bundestreffens wurden Dirk Ruder (whk Rheinland) als Vereinsvorsitzender und Eike Stedefeldt (whk Berlin) als Schatzmeister bestätigt; als Ersatz für den nicht wieder kandidierenden Stefan Strigler wählten die Mitglieder einstimmig Ortwin Passon aus Berlin zum stellvertretenden Vorsitzenden. Im Bericht an die MV hatte der alte Vorstand zuvor auf eine positive Bilanz verwiesen und betont, daß ihm die Absicherung der gesamten Arbeit des whk gelungen sei. Neben der Finanzierung der politischen Aktivitäten des whk zählt dazu vor allem das Zeitungsprojekt Gigi.
Rausschmiß
Auf ein weiteres Ereignis während des Europride in Köln machte am 9. Juli ein Bericht der Tageszeitung junge Welt aufmerksam: Die gesamte grüne Schickeria hatte sich zum Abschluß der Parade auf der Hauptbühne am Heumarkt versammelt, um der Rede von Außenminister Joseph Fischer zu lauschen. Neben dem Bundestagsabgeordneten Volker Beck nahmen auch die Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller und die Grünen-Chefin Claudia Roth an der Veranstaltung teil. Während Fischers Auftritt kam es zu einigen Zwischenfällen, als vornehmlich junge Antifaschisten ihn mit Kriegstreiber- und Heuchler-Rufen bedachten. Während der Rede wurden die akkreditierten Journalisten Eike Stedefeldt, Redakteur der vom wissenschaftlich-humanitären Komitee (whk) herausgegebenen Zeitschrift Gigi, Claas Sudbrake (Radio Dreyeckland, Freiburg), Dirk Ruder (Pink Channel, Duisburg) und der jW-Korrespondent von privaten Sicherheitskräften und Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes des Pressebereichs verwiesen. Die Anweisung hierzu erging klar von der Bühne herab von Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion und Bundessprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD), der unmittelbar neben dem Außenminister agierte ... Für eine Stellungnahme zu den Vorfällen während der Fischer-Rede gegenüber jW war Volker Beck am Montag übrigens ebensowenig zu erreichen wie Jörg Ebel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik der Grünen, der den von der Pressebühne Vertriebenen gegenüber behauptet hatte, für diesen Bereich seien keine Printmedien zugelassen. Die Sicherheitskräfte setzten die Entfernung der vier durch, obwohl zwei von ihnen Rundfunkjournalisten waren. Nach Einschätzung eines Sprechers des whk-Ruhr haben die Organisatoren den deutschen Kriegsherren unter dem Deckmantel der Emanzipation und Toleranz ein Forum geboten. Gleichzeitig seien sie in diktatorischer Manier gegen schwul-lesbische Kritiker dieses Kurses zu Felde gezogen.
In einer Mitteilung vom 7. Juli kommentierte das whk den Vorgang so: Pikanterweise handelt es sich bei den an der Berichterstattung Gehinderten durchweg um Personen, die derzeit zu Finanzskandalen der grünen Partei und des LSVD, deren personeller Verflechtung und ihren finanziellen Beteiligungen an Medienunternehmen recherchieren. Bereits am Sonnabend hatten sowohl Volker Beck als auch eine grüne Pressesprecherin versucht, einen am Sonntagabend ausgestrahlten kritischen Beitrag des ZDF-heute-Journals zum heftig umstrittenen Gesetz über die Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung zu verhindern, was den Kameramann des ZDF-Teams zur Bemerkung hinriß, derlei habe er zuletzt unter Breschnew erlebt Für das whk beweist der heutige Vorfall, daß dem grünen Homo-Filz das Wasser bis zum Hals steht. Das Hamburger schwule Radiomagazin Pink Channel brachte am 13. Juli, die Wochenzeitung Unsere Zeit am Tag davor einen Bericht zu dem Thema.
Gratulation
Aus gegebenem Anlaß äußerte sich die seit rund anderthalb Jahren lediglich im inoffiziellen Einsatz befindliche whk-AG Cabaret Moulin Rouge erstmals mit einer Presseerklärung. Die AG, die, so das Berliner whk-Mitglied Ortwin Passon in einem Interview der Jungen Welt (Ausgabe 6./7. Juli), fürs Auslachen des politischen Gegners zuständig sei, gratulierte am 14. Juni mit dem Ausruf Tolle Preise winken! dem Sexualforscher Magnus Hirschfeld zur Manfred Bruns-Medaille der stramm konservativen Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS). Hier Auszüge:
Wer war Manfred Bruns? Bruns war einer jener Menschen, die lebenslang danach trachteten, durch Wissen zur Gerechtigkeit zu gelangen. Dies wurde jedoch erst 1994 breiteren Kreisen bekannt, als ihm völlig überraschend das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen wurde. Bereits damals lobte das nicht ohne Grund nach dem jetzigen Preisträger benannte Schwulenmagazin magnus den seit 1969 als Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe tätigen und 1978 zum Bundesanwalt ernannten Bruns: Er sei bis zu seiner Pensionierung ein treuer Staatsdiener geblieben, der bei seiner Arbeit stets peinlich genau die Buchstaben des Gesetzes befolgte. Es zitierte ihn mit den würdigen Worten: Das zeichnet mich aus, daß ich nie den Staat als solchen abgelehnt habe Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich bei Strafverfahren nach §175 mitgewirkt habe, sofern sie in meine Zuständigkeit fielen, weil ich davon ausgehe, das war ein Gesetz, und solange das Gesetz in Kraft ist, muß man es respektieren. Bruns Name wird somit untrennbar verbunden bleiben mit der bis heute ungesühnten staatlichen Homosexuellenverfolgung in der Bundesrepublik, um die er sich persönlich verdient gemacht hat.
Es war geradezu notwendig für das Selbstverständnis unserer Republik, daß Bruns nach Pensionierung und später Abkehr von der unglücklichen heterosexuellen Neigung seine Karriere in der Führung des staatlichen Homosexuellenverbandes SVD (heute LSVD) fortsetzte. Nach einer großen persönlichen Niederlage der Abschaffung des §175 statt der von ihm präferierten Reformierung zum Antragsdelikt stellte er seine ganze juristische Erfahrung in den Dienst der Wiederaufnahme des Registrierungsmerkmals Homosexualität in ein deutsches Gesetzeswerk. Diesen historischen Erfolg durfte Bruns noch selbst erleben: Am 62. Jahrestag der Reichspogromnacht hatte sich mit dem Bundestagsbeschluß zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft sein persönliches Lebenswerk in einem neuen Sondergesetz vollendet.
Dem Internetportal gayserver.de entging offensichtlich die Ironie des Textes, es teilte die Medaillenverleihung an den 1935 verstorbenen Hirschfeld als seriöse Nachricht mit. Der hinnerk-Chefredakteur Jörg Rowohlt indes vergaß beim Abschreiben für seine Aufgelesen-Kolumne im Juli-Heft die Quelle seiner Zitate mitzuteilen, weshalb sein achtzehnzeiliger Text leider auch ohne eigenen Gedanken enden muß: Mit dem Schwulenparagraphen hatte es in den 20er Jahren auch der Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld zu tun. Nur von der anderen Seite.