Mitteilungen des whk Mai/Juni 2002
ShowtimeBevor eine Delegiertenkonferenz am 4./5. Mai über die PDS-Landesliste zur Bundestagswahl befand, wertete die AG Lebensformenpolitik des whk die Tatsache, daß bei maximal 7 in Sachsen erreichbaren Mandaten Christina Schenk laut Vorschlag des Landesvorstands nur den 10. Platz zugewiesen bekam, als persönlichen Affront gegen die Parteilose, die der PDS über den Bundestag hinaus überhaupt erst ein lebensformenpolitisches Gesicht jenseits überkommener Familienbegriffe verlieh. Der Vorschlag mache abermals den Paradigmenwechsel der PDS in ihrem Drang an die Katzentische der Macht sichtbar. Es geht weg von neuen, das Individuum in den Mittelpunkt rückenden Konzepten des Miteinanderlebens hin zur traditionellen Familienpolitik für ein sozialistisches Kleinbürgertum, so die whk-Presseerklärung vom 1. Mai. Für die PDS-Fraktion habe die parteilose Abgeordnete die einzig denkbare Variante einer Zusammenarbeit mit parteifernen sexualpolitischen Basisgruppen geboten. Die PDS Sachsen müsse nun entscheiden, ob sie Schenk und ihrer Lebensformenpolitik Vorrang einräumen will vor umgesattelten Radfahrern und sonstigen Entertainern.
Die PDS Sachsen verabschiedete Schenk mit Listenplatz 9.
Korruption & Klüngel
Auf die Bekanntgabe der Insolvenz des LSVD NRW reagierte das whk Rheinland am 19. April mit einer Presseerklärung zur Korruption in Köln. Der Landesrechnungshof hatte bereits 2001 die unsachgemäße Verwendung von Landesgeldern in Höhe von 46.000 Euro in den Jahren 1997 und 1998 in so der LSVD vielen Punkten beanstandet und deren Rückzahlung verlangt. Die Bezirksregierung kündige daraufhin an, den LSVD dieses Jahr nicht weiter mit jährlich 77.000 Euro zu fördern. Das whk wies insbesondere darauf hin, daß bündnisgrüne PolitikerInnen aus Bundes- und Landtag in dubiose Finanzmachenschaften verwickelt seien: Seit Monaten weigert sich der Verein, diesbezügliche Rechercheanfragen des whk und der Zeitschrift Gigi zu beantworten. Das whk Rheinland hatte bereits vor zwei Jahren auf das eigenartige Finanzgebaren des Homoverbands aufmerksam gemacht Mit der Entscheidung, nun an die Öffentlichkeit zu gehen, will der nordrhein-westfälische LSVD offenbar vor allem seinen grünen Bundestagskandidaten vor Schaden im heißen Wahlkampf bewahren nicht zuletzt angesichts der derzeitigen Korruptionsfälle in der Kölner SPD. Das whk verlangte daher zügige Aufklärung: Was wußten der langjährige Kölner LSVD-Bundessprecher und grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck und sein Lebensgefährte, der LSVD-Bundesschatzmeister Jacques Teyssier, von der unsachgemäßen Verwendung der Landesgelder? In welcher Weise war der jetzige Geschäftsführer der grünen Ratsfraktion in Düsseldorf, Jens Petring, an den Finanzmauscheleien beteiligt? Der LSVD-Landesschatzmeister war im fraglichen Zeitraum (1995-2000) Landtagsabgeordneter und Mitglied der Ausschüsse für Finanzen, Familie und Soziales. Als LSVD-Landessprecher zeigte sich Petring zudem in Pressemitteilungen für jene Anti-Gewalt-Arbeit zuständig, die jetzt vom Rechnungshof beanstandet worden ist. Welchen Anteil hat die derzeitige grüne Lesben- und Schwulenreferentin im Landtag, Gerta Siller, am Zustandekommen der nun durch die Bezirksregierung beendeten gleichberechtigten Förderung des Landes-LSVD? Siller war nachweislich an entscheidender Stelle an den Koalitionsverhandlungen beteiligt und gehört seit Jahren dem LSVD-Bundesvorstand an. LSVD und Bündnisgrüne wurden vom whk aufgefordert, lückenlos Rechenschaft über die Finanzierungspraxis des Kölner Homo-Klüngels in den letzten Jahren abzulegen. Das whk werde die Bemühungen um Aufklärung bei Bedarf unterstützen. (Vollständiger Wortlaut unter www.whk.de)
Die Tageszeitung Junge Welt dokumentierte die whk-Pressemitteilung am 24. April, ebenso im Mai Kölns rechtes Szeneblatt Down Town. Für die Dummheit, sich beim Gelderverschieben erwischen zu lassen, erteilt im Mai Queer-Herausgeber Micha Schulze dem LSVD und dem whk Rheinland für seine Öffentlichkeitsarbeit jeweils die Note 6: Es war klar, daß die Pressemitteilung der linken SektiererInnen-Homos vom whk zur Insolvenz des LSVD NRW nicht lange auf sich warten lassen würde. Die whk-Regionalgruppe Rheinland sieht starke Indizien, daß die jetzt bekannt gewordenen Fakten lediglich die Spitze des Eisbergs darstellen ohne dies freilich zu benennen oder gar beweisen zu können. Die Freude über die Pleite des Lieblingsfeindes war beim whk so groß, daß es in der Wortwahl jede Vorsicht vermissen ließ: Wer von Korruption in Köln oder frisierten Finanzberichten schreibt, sollte sich nicht wundern, wenn bald der Staatsanwalt gegen den eigenen Verband ermittelt. Das whk rät der Redaktion Queer dringend zur Anschaffung eines Fremdwörterbuchs und zu dessen Benutzung.
Nicht wie jeder Pups
Eine Online-Anfrage in derselben Sache richtete die whk-Regionalgruppe Berlin am 1. Mai 2002 an LSVD-Webmaster und -Bundessprecher Manfred Bruns: Vor gut einer Woche wurde hier mitgeteilt, daß der LSVD NRW wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten in erheblicher Höhe Rückforderungen des Landesrechnungshofes in Düsseldorf gegenübersteht und darum Insolvenz beantragen mußte. In diesem Kontext gab es seit dem 24. April Artikel in der Tagespresse sowie in verschiedenen Online-Magazinen. Warum erscheint sonst jeder den LSVD auch nur tangierende Pups in der Presseübersicht der LSVD-Homepage, nicht aber diese unmittelbar den LSVD und seinen mit Abstand größten und mächtigsten Landesverband betreffenden Artikel? Etwa, weil sie nicht nur auf Veruntreuungen von Landesmitteln durch den LSVD NRW hindeuten, sondern auch auf die politische Verstrickung des Verbandes in den Parteienfilz? Wir sehen einer Antwort gespannt entgegen. Die Anfrage blieb unbeantwortet.
Grotesk & theoretisch
Nach Redaktionsschluß seiner März/April -Mitteilungen erreichte das whk eine verspätete Stellungnahme der Heidelberger Polizei zu den baden-württembergischen Anti-Cruising-Aktionen der letzten Monate (vgl. Gigi Nr. 18, S. 37 und Nr. 16, S. 37). Mit Email vom 28. Februar 2002 antwortete Polizeisprecher Harald Kurzer:
Was die von der Polizeidirektion Heidelberg durchgeführten Kontrollen auf den Parkplätzen der BAB 5 bei Weinheim (Fliegwiese und Wachenburg) im Spätsommer 2000 angeht, sehen wir keinen erneuten Erörterungsbedarf. Die Gründe, die zu den Maßnahmen geführt haben, wurden ebenso wie die Kontrollen selbst und ihre Ergebnisse in Medieninformationen ausführlich dargelegt. Die von Ihnen erwähnte Kontrolle im November 2001 auf dem Parkplatz der BAB 5 am Walldorfer Kreuz wurde nicht von der Polizeidirektion Heidelberg, sondern von der Autobahnpolizeidirektion Karlsruhe durchgeführt. Insofern sehen wir keine Möglichkeit, zu dem wie Sie es ausdrücken von Schwulen als diskriminierend empfundenen Bericht in der Südwest-Presse vom 24.11.2001 Stellung zu nehmen. Zu der whk-Pressemitteilung bezüglich der Heidelberger Einsatzkonzeption gegen Spanner verbietet sich aus Sachlichkeitsgründen jeder Kommentar. Die der Konzeption zugrunde liegenden Erkenntnisse wurden ebenso wie die Konzeption selbst ausführlich in den Medien erörtert; wir sehen keine Veranlassung, auf nicht existierende, aber in whk-Pressemitteilungen grotesk-theoretisch konstruierte Zusammenhänge einzugehen.
Nach mehrmaligem Nachfragen war am 22. April auch der Bund lesbischer und schwuler JournalistInnen zu einer Stellungnahme bereit. Das whk hatte den BLSJ bekanntlich schon in einer Pressemitteilung vom 30. November aufgefordert, wegen der homophoben Berichterstattung der Südwest-Presse Beschwerde beim Deutschen Presserat einzulegen. Der Vorstand des BLSJ sieht indes aufgrund Eurer uns zugesandten Unterlagen keinen Anlaß, eine Beschwerde beim Presserat einzureichen das Thema Mediawatch steht offenbar nicht mehr ganz oben auf der Agenda des eigens dafür gegründeten JournalistInnenbundes. Das whk hat nun selbst den Presserat um Klärung ersucht.
Linksfundamentalistisch
Mit dem Bund lesbischer und schwuler JournalistInnen sowie der whk-Zeitschrift rechnete im Februar Axel Krämer in der Queer-Premiumausgabe ab. Indiz für den Niedergang des BLSJ sei die Verleihung des Felix-Rexhausen-Preises: Irritationen kamen zuletzt auf, als im September die linksfundamentalistische Zeitschrift Gigi vom BSLJ zum besten schwul-lesbischen Magazin ernannt wurde Über die vielen schlampig recherchierten Vorwürfe kryptischer, unsachlicher und persönlicher Natur in Gigi sah die Jury großzügig hinweg.
Am 13. Juli 2000 fragte Krämer noch an: Warum ist von Gigi eigentlich niemand im BLSJ vertreten? Ich gehöre dem Verein seit Oktober an und finde ihn furchtbar siegessäulelastig und unkritisch. Wie heißt es so schön auf [sic!] der whk-Pressemitteilung von heute, die ich sofort in die BLSJ-Mailinglist gesetzt habe? Die Szene-Blätter sollten sich inhaltlich mit ihren Gegnern auseinandersetzen. Finde ich auch. Also? Also: Anders als Krämer beehrten zwei von drei späteren Gigi-Redakteuren die BLSJ-Gründung am 13. April 1997 in Berlin. Für überflüssig erklären den Verband hingegen Journalisten, die damals keine Zeit hatten: Micha Schulze, Ingrid Scheffer und Torsten Bless heute allesamt bei Queer.
Zeitlich nicht begrenzt
Interessantes erbrachte ein Nachgang zu der in den letzten Mitteilungen des whk abgedruckten Stellungnahme der Kölner Polizei. Anlaß waren die in der Antwort erwähnten Kontakte zwischen LSVD, Schwulem Überfalltelefon (des LSVD d. Red.), AIDS-Hilfe, schwuler Prävention des Gesundheitsamtes der Stadt Köln und Polizeibehörde. Vom Polizeisprecher Wolfgang Beus wollte das whk wissen, seit wann die Kontakte bestehen, in welchem Rahmen sie durchgeführt werden und von welcher Seite die Initiative dazu ausgegangen sei. Am 25. Februar teilte Beus dem whk mit: Die von mir in meiner ersten Antwort vom 18.02.2002 (vgl Gigi Nr. 18, S. 37) angesprochenen Kontakte sind zeitlich nicht begrenzt. Sie wurden und werden außerhalb der NRW-Akzeptanzkampagne Liebe verdient Respekt geführt. Die Kölner Polizei arbeitet seit 1992 eigeninitiativ mit dem damaligen SVD und dem Schwulen Überfalltelefon zusammen.